Drogen für alle - Freies Recht auf Rausch

Kategorie: Neue Konzepte Erstellt: Donnerstag, 06. August 2020 Drucken

(von Olaf Francke)
Ob Rauschmittel frei verfügbar sein sollten, darüber streitet die Öffentlichkeit seit langer Zeit. Es gibt Pro und Contra, Hin und Her, Zustimmung und Ablehnung. Ich habe früher in der Drogenberatung gearbeitet und kam nach langen Überlegungen zu dem Schluss, eine Forderung zu formulieren.

Drogenfreigabe - dringend erforderlich

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1. Forderung

Sofortige Freigabe aller Drogen und Rauschmittel an Bürger, die geschäftsfähig sind und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben. Vertrieb in geeigneten, staatlich lizensierten Abverkaufsstellen. Werbeverbot für Rauschmittel aller Art und Verstärkung der Präventionsbemühungen.

2. Ist-Situation

Weltweit sind geschätzte fünfhundert Millionen Menschen abhängig von Drogen, mehr als 3 Millionen Menschen sterben an den Folgen von Alkoholkonsum.

  • In Deutschland konsumieren fast zehn Millionen Menschen Alkohol in gesundheitsgefährdender Menge, mehr als eine Million Bürger gelten als alkoholabhängig. Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden beläuft sich dabei auf mehr als fünfundzwanzig Milliarden Euro. Jeder erwachsene Bundesbürger nimmt etwa zehn Liter reinen Alkohol im Jahr zu sich, mehr als fünfzehntausend Menschen sterben jährlich direkt durch Alkoholkonsum, Verkehrstote durch Alkoholeinfluss nicht eingerechnet.
  • In Deutschland konsumieren fast fünfundzwanzig Millionen Menschen Tabak in mehr oder weniger starker Form. Dadurch sterben mehr als einhunderttausend Menschen jährlich, das sog. 'Passivrauchen' nicht eingerechnet. Der volkswirtschaftliche Schaden liegt hier bei über zwanzig Milliarden Euro jährlich.
  • Rund jeder vierte erwachsene Bundesbürger hat bereits einmal illegale Substanzen wie Cannabis, Heroin oder Kokain konsumiert, wobei Cannabis hier eine deutliche Spitzenposition einnimmt, Heroin und Kokain liegen dem gegenüber in der Statistik weit zurück. Etwa fünf Prozent der Erwachsenen haben im letzten Jahr Drogen konsumiert, wobei der Bereich „riskanter Konsum“ hier im Promillebereich liegt. Circa eintausend Menschen starben im Jahr 2013 in der Folge von Drogenkonsum, etwa die Hälfte davon durch überdosiertes oder verunreinigtes Heroin.
  • Die Kosten der Durchsetzung des Drogenverbotes beziffert man in Deutschland vorsichtigen Schätzungen zufolge auf über drei Milliarden Euro jährlich. Strafverfolgungskosten sind hierin ausdrücklich nicht berücksichtigt, sie dürften ein Vielfaches betragen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass trotz exorbitant steigender Kosten der Verfolgung von Rauschmittelkonsumenten ein Rückgang der Konsumentenzahlen nicht zu verzeichnen ist. Daraus folgert, dass Kriminalisierung und Verbot keine geeigneten Mittel sind, um Rauschmittelkonsum zu verhindern.Satire Jägermeister

3. Maßnahmen

  • Dekriminalisierung aller Rauschmittelbenutzer, Änderung des BtmG, Abschaffung der Erlaubnispflicht für Konsum sowie intensive Schulung, Prüfung und Lizensierung von Rauschmittelfachhändlern.

 

  • Verkauf von Alkohol, Zigaretten und Cannabisprodukten nur an Erwachsene jeweils in staatlich lizensierten speziellen Fachgeschäften, Verkauf von chemischen Rauschmitteln, Kokain und Opiaten nur an Erwachsene in Apotheken durch geschultes Personal.

 

  • Besteuerung von Rauschmitteln aller Art, Schaffung eines stabilen Marktpreises, der weit unter den heutigen Schwarzmarktpreisen liegt.

 

  • Konsequentes Verbot von Werbung für Rauschmittel aller Art, einschl. Alkohol und Tabak. Verbot von Sponsoring und Product Placement durch Rauschmittelhersteller und -vertriebe.

 

  • Erhöhte Dichte von Verkehrs- und Arbeitsplatzkontrollen und Ausarbeitung realistischer Grenzwerte in Bezug auf Rauschmittelkonsum beim Führen von Maschinen und Fahrzeugen.

 

  • Stärkung und finanzielle Aufstockung der Bereiche Aufklärung, Prävention, Suchtbehandlung und Entwöhnung.

 

  • Quantitative und qualitative staatliche Kontrolle der Einfuhr von Rohstoffen zur Herstellung von Rauschmitteln, Vergabe von Import- und Herstellerlizenzen.

 

Durch Schulung und Lizensierung von Herstellern und Fachhändlern soll sichergestellt werden, dass die Benutzer von Rauschmitteln reine, hygienisch einwandfreie und legale Rauschmittel in einer Umgebung erwerben können, die das jeweilige Rauschmittel repräsentiert. Auf eine thematische Trennung von Alkohol, Tabak und z.B. Cannabisprodukten und entsprechendem Zubehör ist dabei zu achten. Abgabe von Opiaten und anderen als „hart“ eingestuften Drogen muss durch Apotheken, Ärzte oder ähnlich medizinisch geschultes Personal in separaten Verkaufsräumen unter Hinweis auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte erfolgen.

Kindern und Jugendlichen ist der Zutritt zu diesen Fachgeschäften grundsätzlich zu untersagen und eine strenge gewerbeaufsichtliche Überprüfung mit empfindlicher Bußgeldregelung soll dies unterstützen. Ein gesamteuropäisches Konzept zur Handhabung der Rauschmittelfrage und zur grenzübergreifenden Kooperation ist zu realisieren. Gleichzeitig muss die Öffentlichkeit durch geeignete Aufklärungskampagnen und das Angebot von Ausstiegshilfen auf Risiken des Rauschmittelgebrauchs hingewiesen werden. Ein totales Werbe- und Sponsoringverbot soll verhindern, dass der Gebrauch von Rauschmitteln verharmlost oder mit positiven Merkmalen verbunden wird.

Ein wichtiger Punkt ist die Festsetzung von realistisch zu nennenden Grenzwerten, die bei Kontrollen als unbedenklich gelten, was zum Beispiel das Führen von Anlagen, Maschinen oder Kraftfahrzeugen angeht, da z.B. die Ausscheidung von Cannabisabbauprodukten anderen Zyklen unterliegt als der Abbau von Alkohol. Diesbezügliche Kontrollen sollen (z.B. durch Berufsgenossenschaften oder ähnliche Institutionen) auch in Unternehmen und Betrieben durchgeführt werden.

Versteht natürlich nicht jeder...

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4. Soll-Situation

Durch eine Freigabe des Konsums von Rauschmitteln für Erwachsene und die sofortige Neuregelung des Marktes fällt der Schwarzmarkt für unreine, besonders gesundheitsschädliche und illegale Drogen zeitnah weg. Als Beispiel für eine positive Entwicklung sei hier die Cannabisfreigabe im US-amerikanischen Staat Colorado genannt. Ein deutlicher Rückgang bei der Zahl von Drogentoten ist bereits im ersten Jahr zu erwarten. Außerdem führt die sinnvolle medizinische Nutzung von Rauschmitteln zu einer Entlastung des Gesundheitssystems.

Für die in Deutschland staatlich überwachte Herstellung von Drogen benötigte Rohstoffe werden von lizensierten Importeuren in den Anbaugebieten direkt von den Urerzeugern beschafft. Dadurch wird selbst in diesen Ländern eine Verschiebung der Märkte erreicht, die den internationalen Drogenkartellen ihren illegalen Handel erschwert. Durch den neuen Binnenmarkt entstehen zahlreiche Gewerbebetriebe, Arbeitsplätze und ein zusätzliches Wirtschaftsfeld mit erhöhten Steuerabgaben. Freigestellte Kräfte im Bereich Drogenfahndung und Strafverfolgung von Rauschmittelbenutzern werden sinnvoller Anschlussverwendung zugeführt (z.B. Zoll, Gewerbeaufsicht, Steuerfahndung).

Jeder Erwachsene Mensch kann entscheiden, ob und in welcher Weise er sich der Rauschmittel bedient. Durch die künftige strikte Trennung des Verkaufs und eine gleichzeitig intensivierte Aufklärung über gesundheitliche Risiken wird der Verführung zu Rauschmittelkonsum und vor allem dem Mischkonsum entgegen gewirkt. Ein gleichzeitiges Werbeverbot und das Verschwinden der Alkoholangebote in den Supermärkten erschwert den Zugang für Kinder und Jugendliche massiv. Auch Automaten- und Tankstellenverkauf ist eingestellt bzw. durch geeignete bauliche Maßnahmen vom Tagesgeschäft getrennt. Durch Steuererhöhungen drastisch gestiegene Preise für alkoholhaltige Erzeugnisse wirken dem ungezügelten Konsum entgegen. Das Verbot des öffentlichen Konsums von Rauschmitteln aller Art sorgt dafür, dass Alkohol und Tabak sowie weiche und harte Drogen nur noch in geschlossenen Räumen, zu denen Kinder und Jugendliche keinen Zutritt haben, stattfindet. Inhaber von Schanklizenzen stellen dies durch geeignete bauliche Maßnahmen sicher.

Durch die hier geforderten Maßnahmen wird sichergestellt, dass der Konsum von Rauschmitteln aller Art die Privatangelegenheit des erwachsenen Bürgers ist und auch bleibt. Niemand muss unbeabsichtigt Zeuge des Konsums werden oder durch den Konsum beeinträchtigt werden.

Alkoholismus


NACHTRAG 07.08.2020:
Natürlich lassen die Reaktionen des reaktionären Publikums nicht lange auf sich warten. Der Jürgen zum Beispiel macht sich Sorgen, dass "wir im Drogenrausch die Republik regieren" möchten. Eine verlockende Idee, vielleicht besser als die, das im Alkoholrausch zu tun.

Interessant in diesem Zusammenhang die Recherche eines Fernsehsenders im Buntestag aus dem Jahr 2000, bei der im internen Sanitärbereich des Parlaments nicht geringe Mengen an Drogenrückständen gefunden wurden. (Link: https://www.tagesspiegel.de/politik/drogen-im-parlament-kokainspuren-beschaeftigen-bundestag/175514.html). Auch Abgeordnete, die mit illergalen Substanzen in Zusammenhang gebracht werden, sind nicht selten, wie der Deutschlandfunk 2016 berichtete (Link: http://blogs.deutschlandfunk.de/berlinbruessel/2016/03/03/von-drogen-und-abgeordneten-nuechtern-betrachtet/), Alkohol gilt dort als Mittel der gesellschaftlichen Kontaktaufnahme. Zitat: "Tatsächlich wird von Berufspolitikern ein gewisses Maß an Suff durchaus erwartet [...]" - Auch das gefährliche Crystal Meth ist auf dem Vormarsch, wie Die WELT online 2016 feststellte (Link: https://www.welt.de/politik/deutschland/article152986437/Wie-Crystal-Meth-sich-im-Establishment-festsetzt.html).

Insofern ist der Jürgen aus den Facebook-Kommentaren der Zeit etwas hinterher. Er trinkt halt lieber sein (legales) Feierabendbier und spritzt es mit etwas Insulin weg. Aber diese ganzen Drogensüchtigen... geht ja gar nicht.

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