POV - Die Macht der Bilder(macher)

Kategorie: Denk-Anstoß Erstellt: Mittwoch, 04. März 2020

(von Olaf Francke)
Ein Bild entsteht immer im Auge des Betrachters, allerdings bestimmt dieser nicht automatisch den Blickwinkel. Heutzutage, in Zeiten der Reizüberflutung durch die Massenmedien, nehmen wir gierig auf, was das Pixelbuffet uns bietet, denn "all you can see" suggeriert ja ein Höchstmaß an Informationsdichte.

Strand von Lesbos

Bild: Fotosession am Strand von Lesbos Anfang März 2020. Ein Video zeigt, wie so etwas entsteht.
URL des Videos: https://twitter.com/i/status/1234105329736175617AA

1) STAGED PICTURES

Ich beginne meinen Artikel mit den etwas harmloseren Fällen. Eine der beliebstesten Kategorien im medialen Wettbewerb sind die gestellten Bilder. Wer - wie ich - des öfteren mal mit TV-Produktionsfirmen dreht oder mit der Print-Presse arbeitet, der weiß, dass die Zauberformel "Abbildung ähnlich" oder "Symbolbild" (wie der "Serviervorschlag" auf dem Etikett von Dosenravioli) der künstlerischen Freiheit alle Türen aufsperrt. Professionelle Fotografen lernen in sündhaft teuren Seminaren, wie man Bildinhalte so richtig zweckmäßig in Szene setzt, dazu greift man mitunter tief in die Trickkiste. Das ist so ähnlich wie bei Food-Fotografie, da kommt die leckere Sahne eben aus der Rasierschaumdose. Schließlich soll der optische Köder dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Die Geköderten sind in diesem Falle wir, die Endkunden der großen Medienhäuser.

Nun könnte man natürlich meinen, "Staged Pictures" wie das obige Bild seien dem Grunde nach harmlos, immerhin bildeten sie ja das Elend der Welt ab und diese sei nun einmal schlecht. So weit, so gut. Problematisch wird es jedoch, wenn mittels inszenierter Bilder bestimmte Emotionen beim Betrachter absichtlich und gezielt getriggert werden. Zum Beispiel: Mitleid mit diesen armen Menschen, die aus dem Kriegsgebiet in Syrien fliehen... warte... Syrer?

Migranten

Bild: Fotos von Personen, die in der EU Asyl suchen, aufgenommen in der Türkei von Murat Bay (https://www.facebook.com/monceky)

Dass es mit dem Staging auch eine Spur härter und durchaus unter Umständen zugeht, die in keiner Weise zu tolerieren sind, lässt sich anhand eines Beispiels darstellen, dass am 02.03.2020 durch die Medien auf der einen Seite (als Ergebnis) und durch die Feeds auf der anderen Seite (als "Making of") ging. Es gab Bilder von einer männlichen Person, die kleine Kinder hektisch durch rauchverhangene Areale des griechischen Grenzgebietes trug, besonders eines der Kinder weinte und schrie. Tenor der Berichterstattung: Die Europäer (Griechen) schießen mit Tränengas auf kleine Kinder. Diese Unmenschen! Der türkische Korrespondent Tuncay Özdamar spuckte bei Twitter Gift und Galle!

Kinder Missbrauch Migranten

Bild: Screenshot eines Tweets und eines Videos, das zeigt, wie Kinder offensichtlich missbraucht werden.
Quelle: https://twitter.com/ExtremistWing/status/1234521471407546371

Nun allerdings taucht im Netz ein Video auf, das ziemlich detailliert zeigt, wie solche Szenen entstehen. Der Mann nimmt das Kind, noch relativ unbeeindruckt, trägt es zu einem anderen, der das Kind an sich reißt und es mit dem Gesicht über ein glimmendes Stück Brennholz hält, sodass ihm der Rauch ins Gesicht steigt. Das Kind beginnt natürlich sofort zu heulen. Dann verabreicht der Mann dem Kind Schläge auf den Rücken, schleudert es herum und reicht das schreiende Kind zurück, während daneben eine Frau hysterisch schreit (vielleicht die Mutter des misshandelten Kindes?). Der erste Mann setzt sich in Bewegung, womöglich, um das Kind dann den Journalisten zu präsentieren?

Solche Vorfälle werden nicht selten sein im Propagandakrieg, welcher derzeit tobt. Besonders türkische, regimetreue Journalisten geben sich in Medien und Internet die allergrößte Mühe, die EU als menschenfeindlich, hartherzig und brutal darzustellen, da wird jede Lüge aufgegriffen und verbreitet, die dem Zweck dienlich ist. Im Beispielfall haben allerdings nicht die Journalisten das Bild inszeniert, sondern skrupellose Migranten haben ihre Kinder (oder gar die anderer Leute?) benutzt, um Mitleid erregende Bilder zu produzieren.

Überhaupt bieten Kinder natürlich immer ein willkommenes Motiv, um die Herzen, Brieftaschen und Grenzen der EU zu öffnen. Anlässlich des Besuches hochrangiger EU-Funktionäre an der griechisch-türkischen Grenze am 03.03.2020 wurden Kinder in Sichtweite postiert, auf deren Schildern z.B. geschrieben stand: "Öffnet die Grenzen". Wie rührend.

Keine Syrer sondern Afghanen

Screenshot eines ZDF-Videoberichtes vom 03.03.2030, im Netz abgerufen am 04.03.2020 um 15:00h
Quelle: https://youtu.be/tpFx2GB1OrM

Welche ethischen und moralischen Grundsätze Mernschen dazu bringen, ihre Kinder in die vorderste Reihe zu stellen, das ist eine Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Aber solche Dinge sieht man auch hierzulande, z.B. bei Kundgebungen von sog. "Klimaaktivisten", wenn Kinder mit bunten Pappschildern uns anklagen, ihre Zukunft zu stehlen.

2) FAKE PICTURES

In der nächsten Kategorie geht es schon etwas durchtriebener zur Sache, da spielt nämlich der unmittelbare Vorsatz eine Rolle, und das nicht zu knapp. Anders als die verzweifelten Migranten, die zwischen den Fronten stecken, sind hier professionelle Akteure am Werk. Wenn man Massen manipulieren will, nutzt man am besten emotional aufgeladene Bilder. Wenn man keine hat und keine produzieren kann, nutzt man halt altes Bildmaterial, das die eigene "Nachricht" zweckmäßig demonstriert und man hofft, dass man dabei nicht erwischt wird.

Unter dem offensichtlichen Fake-Account "Oguz Kagan @RTErdogan35" wird in der Grenzangelegenheit Türkei/Griechenland Propaganda gemacht. Ogus Kagan ist ein türkischer Fußballspieler, der Name Oguz bedeutet soviel wie "Türk/Turkmene", er tritt auch in anderen Accounts regelmäßig auf. Dieser Account wurde inzwischen bei Twitter gesperrt, tritt allerdings in anderer Form erneut auf.

Fake Pictures

Bilderfälschung bzw. bewusste Täuschung mit alten Bildern durch türkische Agitateure oder Bots

Auf dem Bild sieht man Menschen vor einem Tränengaseinsatz fliehen, man sieht Gasschwaden, verletzte Menschen und panische Flucht. Im Hintergrund eine Grenzbeschilderung mit EU-Symbol. Allerdings fällt auf, dass das Schild dahinter in Ungarisch beschriftet ist, das Foto stammt also keineswegs von der griechischen Grenze. Außerdem stehen die Bäume voll im Laub, das ist bei Kastanies im Moment auch nicht der Fall. Tatsächlich stammt das Foto aus dem Jahr 2015 und wurde an der ungarischen Grenze aufgenommen, wahrscheinlich bei Horgos-Röske (Riska), wo es in September 2015 zu einem Gewaltausbruch seitens der Migranten kam. Ein Video dazu ist bei Youtube verfügbar -> externer Link https://youtu.be/uefv4QhtQYk

3) FAKE NEWS / HYBRID FAKES

Staged Pictures in Verbindung mit fragwürdigen Aussagen kommen nicht selten in harmlos wirkenden Interviews daher, wie man anhand eines Beispiels im ZDF gut sehen kann. Da wird ein Migrant befragt und gibt an, man habe ihnen die Handys abgenommen, während sein Kollege nebenan mal flugs sein Handy in der Tasche verschwinden lässt. Man darf also getrost am Wahrheitsgehalt dieser Aussagen zweifeln. Das ist ein Hybrid Fake: Eine echte Szene mit erfundenem Inhalt.

Hybrid Fake News

Bild: Editierter Screenshot eines Twitterbeitrags, die URLs (rot) wurden hinzugefügt.
Quelle: Externer Link https://twitter.com/BernhardZimniok/status/1234959135357177857

Besonders die türkischen Leitmedien und nicht zuletzt auch offizielle Stellen glänzen derzeit durch vollkommen aus der Luft gegriffene Meldungen unklaren Wahrheitsgehaltes, so zum Beispiel die Behauptung, ein Migrant sei von griechischen Grenzschützern erschossen worden. Athen dementierte diese Meldung des Gouverneursamts der türkischen Region Edirne am Mittwoch. «Wo sie vorher von Verletzten sprachen, reden sie nun von Toten. Die fake news haben kein Ende, es gibt keinen solchen Vorfall mit Schüssen von griechischen Beamten», sagte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Athen. Glaubhafte Bilder existieren zu der Meldung nicht.

Hier ein Blick auf einen beliebig ausgewählten Liveticker (www.merkur.de) vom 04.03.2020

undecidedUpdate um 9.32 Uhr: An der griechisch-türkischen Grenze im Nordosten Griechenlands kam es am Mittwochmorgen erneut zu Unruhen.
undecidedUpdate um 11.54 Uhr: An der türkisch-griechischen Grenze ist ein Migrant durch Schüsse von griechischen Grenzschützern getötet worden. Davon berichtete zunächst die Nachrichtenagentur AFP.
undecidedUpdate um 12.20 Uhr: Mit der Tötung eines Flüchtlings durch griechische Grenzschützer ist die Lage an der griechisch-türkischen Grenze erneut eskaliert.
undecidedUpdate um 12.25 Uhr: Die Nachrichten aus der Türkei, griechische Grenzschützer sollen einen Flüchtling beim versuchten Grenzübertritt durch Schüsse getötet haben, wies die griechische Regierung „kategorisch“ zurück [...]
undecidedUpdate um 12.49 Uhr: Nachdem die Situation an der türkisch-griechischen Grenze erneut eskaliert ist und offenbar ein Flüchtling von griechischen Grenzschützern erschossen wurde, [...]

Für den einfachen, normalen Medienkonsumenten ist es unglaublich schwer, manchmal sogar nahezu unmöglich, aus der Flut an widersprüchlichen Meldungen etwas herauszufiltern, das der Wahrheit am nähesten kommt. Wir sind der Bildmacht der Medien beinahe komplett ausgeliefert. Zwar beschäftigen große soziale Netzwerke wie z.B. Facebook gewisse Contractors, die als "Corrective" die Verbreitung von Fakenews eindämmen sollen, doch diese Unternehmen stehen meist Regierungskreisen nah, sind also alles andere als neutral. In Deutschland steht zum Beispel bei der Amadeu-Antonio-Stiftung eine ehemalige IM ("Victoria") der Stasi dieser Organisation vor. Die Dame wird zwar Erfahrung im Bereich Zensur und Meinungsmanipulation vorzuweisen haben, aber ob das der Wahrheitsfindung dienlich ist, darf getrost bezweifelt werden. Ich selbst wurde auch bereits Opfer der unsichtbaren, stillen Löschmacht bei Facebook, was zur Errichtung dieses Blogs führte.

Wir müssen uns stets darüber im Klaren sein, dass die Nach-Richten, also die Glaubenssätze über die Wirklichkeit, welche uns die Medien vermitteln, nicht immer (sogar in den seltensten Fällen) zu 100% mit der Realität übereinstimmen. Wir sind mündige Bürger, es ist unsere Aufgabe, uns selbst aus verschiedenen Quellen (möglichst unabhängig voneinander) zu informieren und uns nach den kongnitiven Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, selbst eine eigene Meinung zu bilden.

Was also tun?
wink Verschiedene Quellen zu einer Nachricht recherchieren
wink Bilder z.B. mit der Google-Rückwärtssuche im Netz ausfindig machen, Quellenlage und Verwendungsform vergleichen
wink In großen Online-Enzyklopädien (z.B. Wikimedia) Footerlinks, Quellangaben und auch die nachgelagerten Diskussionsseiten prüfen
wink Auch Nachrichtenmagazine und Newsportale aus dem Ausland besuchen und die Darstellungen von Ereignissen vergleichen, Links in Kommentarspalten betrachten
wink Mit anderen Menschen die Nachrichten diskutieren und auch die Argumente derer prüfen, die nicht der eigenen Meinung sind

Point of View

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